Sony ZV-E10 II Erfahrungsbericht - Taugt die Kamera auch für Fotografie?

Sony ZV-E10 II Erfahrungsbericht - Taugt die Kamera auch für Fotografie?

Inhaltsverzeichnis

Die ZV-E10 II, Sonys neuste Antwort auf die Frage wie eine Vlogging-Kamera aussehen soll. Neueste Autofokus-Systeme, 26 Megapixel, 4k mit 4:2:2 10bit Videoaufnahme. Ohne Frage ist die Kamera ein perfektes, erschwingliches Tool für Vlogging, doch taugt sie auch für Fotografie?

Dies habe ich in meinem kürzlichen Trip nach London versucht herauszufinden.

ZV-E10 II von Vorne und Hinten
ZV-E10 II von Vorne und Hinten
ZV-E10 II von Vorne und Hinten

Erste Einblicke

Ich hatte das Glück die Kamera beim letztjährigen Photo Wonderland Wettbewerb, organisiert von Foto Video Zumstein Bern, zu gewinnen. Obwohl ich eher in der Fotografie tätig bin, fand ich die Kamera sehr interessant. Zusammen mit dem Kit-Objektiv (dem Sony E PZ 16-50 mm F3.5-5.6 OSS II) bietet Sony hier eine erschwingliche, kompakte Kamera an, mit einer Reihe von modernen Features.

Als ultimativen Test nutzte ich meine einwöchige Reise nach London und Oxford. Mitgenommen habe ich das Kit Objektiv und zwei meiner Vollformat-Objektive (Sony 50 mm f/1.8 und Sigma 28-70 mm f/2.8).

Die ersten drei Bilder, aufgenommen im Londoner Bankenviertel, wurden mit dem Kit-Objektiv aufgenommen. Mich erstaunte das Kompakte-Setup, in eine Jackentasche passend und sehr leicht. Leicht einerseits wegen des primär aus Kunststoff (Polycarbonat) bestehenden Gehäuses und andererseits wegen des ultrakompakten Kit-Objektivs. Trotz des leichten Gehäuses, fühlt sich die Kamera jedoch sehr robust und hochwertig an.

Weiter auffallend war die Software. Die Kamera erhält das “neue” Menüsystem welches seit der a7S III eingeführt wurde und seither verbessert wurde. Es lässt sich per Touchscreen bedienen und reagiert sehr schnell. Die Anpassungsmöglichkeiten sind sehr breit, man kann gewisse Einstellung favorisieren, alle möglichen Tasten speziell belegen und sogar das obere Rad und das Selektionsrad umstellen (und all das separat für Foto- oder Videomodus, wass sehr nützlich sein kann). So kann man auch eine Limitation der Kamera umgehen, denn verglichen mit den höherpreisigen Sony-Kameras hat die ZV-E10 II nur ein Einstellrad und ein paar weniger Knöpfe. So hatte ich anfangs Probleme im manuellen Modus zu fotografieren da ich ungern über den Touchscreen Einstellungen ändern möchte. Jedoch liess sich dies relativ einfach umgehen, indem man das obere Rad auf die Belichtungszeit, das Rad bei den Pfeiltasten auf Blende und mit der rechten Pfeiltaste und dann drehen ISO einstellt. Die Kamera hat fast alle der modernen Features von neuen Sony Kameras, wie Tracking, Menschen-, Tiere- und Vogelaugenfokus, 10bit 4:2:2 4k mit S-Log3 video und intuitive Touch-Bedienung für Einsteiger.

Sony ZV-E10 II Menü-System
Sony ZV-E10 II Menü-System

Das Kit-Objektiv empfand ich, zumindest bei Tageslicht, als sehr gute Kombination mit der ZV-E10 II. Leicht, guter Fokus und eine sehr gute Zoom-Range für die kompakte Grösse. Da die Kit-Lens einen Zoom-Motor hat (daher kommt auch “PZ” im Name) lässt sich auf verschiednesde Arten Zoomen. Entweder durch einen Schieberegler auf dem Objektiv (1, siehe Bild unten), dem Ring auf dem Objektiv (2), den Zoomregler an der Kamera vor dem Auslöser (3) oder per Touchscreen-Knöpfe (4). Ich glaube da ist für jedermann eine passende Option dabei. Die Einstellungsmöglichkeiten enttäuschen auch hier nicht, man kann die Zoomgeschwindigkeit seinen Belieben anpassen, jedoch scheint dies alle oben beschriebenen Methoden gleichzeitig zu kontrollieren, bis auf den Schieberegler auf dem Objektiv (1).

(Fast) Endlose Zoom Möglichkeiten bei Kit-Objektiv
(Fast) Endlose Zoom Möglichkeiten bei Kit-Objektiv

Andere Objektive

Anschliessend habe ich mit anderen Objektiven experimentiert, hierbei habe ich zwei meiner Vollformat Objektive aufgesetzt. Optimalerweise würde man sich passende APS-C E-Mount Objektive zulegen (z.B. das Sigma 18-50 mm mit leicht anderer zoom-range oder das Sony 50 mm f/1.8 OSS für APS-C), aber auch Vollformat E-Mount Objektive funktionieren ohne Probleme, sind jedoch tendenziell schwerer. Umgekehrt ist dies auch möglich, aber nur mit einem starken Bildzuschnitt und generell nicht empfehlenswert.

Mit weiteren Objektiven, wie dem Sigma Zoom (f/2.8, erstes Bild) und Sony 50 mm (f/1.8, zweites bis viertes Bild) eröffnet eine weite Landschaft an Objektiven. Dies ist der Vorteil eines offenen Systems, Sony als einer der Vorreiter für Drittanbieterobjektive, hat viele preiswerte Optionen besonders für APS-C, sowie aber auch Vollformat. Die erweiterten Blenden von f/1.8 und f/2.8 erlauben für sehr gute Performance in dunkleren Lichtverhältnissen sowie für eine stärkere Unschärfe. Dies zeigt besonders das 50 mm f/1.8 im Londoner Borough Market. Ein bisschen dunkler, viele Menschen und Lichterketten welche bei f/1.8 zu sogenannten “Bokeh-Balls” verfallen. Den Borough Market kann ich sehr empfehlen, für Fotos sowie auch Essen.

Die Grenzen des Kit-Objektivs

Nach meiner positiven Erfahrung mit weiteren Objektiven wollte ich die Grenzen des Kit-Objektives testen. Das Kit-Objektiv, hat eine Blende von f/3.5 bei 16 mm und 5.6 bei 50 mm, dies zeigt Limitationen bei Dunkelheit.

Im unteren Vergleich wird dies Illustriert. Ein Bild aufgenommen vor dem Tate Modern, blickend auf die Millennium Bridge und die Wolkenkratzer im Stadtteil City of London. Versucht habe ich den ISO so tief wie möglich zu halten, die Blende maximal offen und die Belichtungszeit so lange wie möglich, ohne dass das Bild verwackelt wird, anlehnen am Geländer hilft hierbei. Dies resultierte bei Blende f/5.0 mit 49 mm, 1/50 Belichtungszeit und ISO 3200 und einem leichtem Bildzuschnitt. Es zeigt sich bemerkbares Sensorrauschen (rechtes Bild). Trotz starkem Rauschen lässt sich das Bild mithilfe moderner Entrauschungstools korrigieren, in diesem Falle DxO DeepPRIME XD/XD2s in Lightroom Rivale DxO PhotoLab (siehe linkes Bild — kein Sponsoring oder bezalte Werbung).

Dies ist aufgrund der kürzeren Belichtungszeit, und der relativ limitierenden maximaler offenen Blende wenn (fast) ganz reingezoomt. Die Kamera hat leider keinen Bildstabilisator verbaut, was hauptsächlich ein Problem für Video ist aber in diesem Falle sehr stille Hände bei längeren Belichtungszeiten wie 1/50 benötigt. Alternativ hätte man deutlich bessere Resultate erzielen können hätte man mit einem Stativ eine Langzeitbelichtung gemacht oder ein lichtstärkeres Objektiv verwendet (z.B. mein vorher erwähntes 50mm oder besser das APS-C äquivalent mit eingebautem Bildstabilisator OSS).

Reference image
Comparison image
edit.jpg Reference (cal.jpg)

Weitere Fotos und Oxford

Abgesehen von dunklen Verhältnissen hat mich das Kit-Objektiv sehr überzeugt. In der zweiten Hälfte meiner Reisewoche habe ich fast ausschliesslich auf das Kit-Objektiv zugegriffen, obwohl ich die anderen beiden Objektive mitgenommen habe. Das leichte und kompakte Setup hat mich dazu verführt die Kamera öfters mitzunehmen und mehr Fotos zu machen. Es lässt sich schnell und einfach die Kamera verstauen oder hervornehmen, was ich gegenüber meiner anderen Vollformat-Kamera als grossen Vorteil empfand.

Allerdings habe ich auch etwas vermisst, in meinen Augen den grössten Negativpunkt der ZV-E10 II also Fotokamera, und zwar den fehlenden elektronischen Sucher (EVF). Dies erschwert es einem, besonders bei Sonne, zu sehen, was man fotografiert und den richtigen Bildsausschnitt zu finden. Denn besonders bei starkem Licht reflektiert sich schnell Licht auf dem Bildschirm. Ein Moment wo mich dies störte war in Oxford, als ich in einem der antiken Colleges war und versuchte den richtigen Ausschnitt eines Kirchenturmes blickend durch einen Torbogen zu finden. Die hellen Öffnungen hinter mir reflektierten sich auf dem Display und machten das Prozedere zu einem Sonnentanz, nur ohne Sonne. Hier vermisste ich durch einen EVF durchblicken zu können, welches der Kamera dann auch noch zusätzlich noch Stabilität verleiht und Reflexionen verhindert.

Falls einem so etwas stört, sollte man sich eventuell überlegen zur äquivalenten Sony a6700 zu greifen, welche den gleichen Sensor hat jedoch mit Bildstabilisator und elektronischem Sucher. Zudem verfügt die a6700, nicht wie bei der ZV-E10 II, über einen mechanischen Verschluss, dies hat zum Vorteil Banding einfacher zu verhindern. Dieser Effekt tritt teilweise bei künstlichem Licht auf, besonders Projektoren in meiner Erfahrung. Jedoch lässt sich dies auch bei der ZV-E10 II mit der “Anti-flicker”-Funktion mitigieren, indem das künstliche Licht mit der Belichtungszeit synchronisiert wird. Bei Blitzfotografie ist dies jedoch eine deutliche Einschränkung, da die ZV-E10 II aufgrund ihres rein elektronischen Verschlusses nur bis 1/30 s zuverlässig mit Blitzgeräten synchronisiert werden kann, bei kürzeren Zeiten tritt Banding auf.

Die folgenden Fotos wurden mit dem kompakten Kit-Objektiv aufgenommen in London wie Oxford:

Fazit

Die Kamera überzeugt: schneller Fokus, erkennt Augen von Menschen wie auch Tieren und speziell auch Vögel und die Software reagiert generell schnell. Es macht Spass die Kamera zu bedienen und sie ist so leicht, dass sie einem nicht zu stark ins Gewicht fällt. Zusammen mit dem Kit-Objektiv ist es ein sehr kompetitives, starkes Setup in einem kompakten Paket mit modernsten Features. Einzig bei schweren Lichtverhältnissen zeigt sich fehlende Bildstabilisation und das Limit des Kit-Objektivs, was sich jedoch mit Entrauschung und lichtstärkeren Objektiven adressieren lässt. Auch muss man sich des fehlenden elektronischen Suchers bewusst sein. Wenn einem das stört, empfehle ich die mehr auf Fotografie fokussierte Kamera a6700 welche diese Probleme behebt. Davon abgesehen, ist die ZV-E10 II mit dem Kit-Objektiv eine sehr fähige und kompakte Kombo, auch für Fotografie, welche einem dazu verführt sie öfters mitzunehmen.

Mein Setup

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